ADFC-Stellungnahme zum Weilertunnel
Der Weilertunnel verschlechtert nicht nur die Situation für Radfahrer und Fußgänger, sondern auch für Autofahrer. Auf beiden Seiten des Tunnels müssen Ampeln installiert werden, um den Querungsverkehr zu ermöglichen. Verkehrsfluß gefährdert!
Weilertunnel: Warum kein Weiter-So?
Die Entscheidung des Gemeinderats vom 2. März 2021 kann aus Sicht des ADFC SHA nicht
unwidersprochen hingenommen werden. Wir bedauern diesen Schritt sehr:
Der Weilertunnel verschlechtert die Verkehrssituation für alle VerkehrsteilnehmerInnen: Für
RadfahrerInnen, für FußgängerInnen, für den ÖPNV und wirklich auch für den Kfz-Verkehr!
Die Fakten im Einzelnen:
Fuß- und Radverkehr: Der Fuß- und Radverkehr verläuft jetzt zwischen Heimbacher Gasse und
Stuttgarter Str. auf dem kürzesten Weg. Problemlos kann man als RadfahrerIn queren - zwar nicht
bevorrechtigt, meist aber doch zügig, oft ohne Wartezeit. Die FußgängerInnen sind bevorrechtigt
durch zwei Zebrastreifen.
Das soll nach dem Bau des Weilertunnels nicht mehr möglich sein. Der Radverkehr wird gemeinsam
mit dem Fußverkehr deutlich umwegig und über mindestens eine große neue Ampelkreuzung
geführt werden mit der entsprechenden Wartezeit.
Die genaue Planung der Fuß- und Radführung liegt immer noch nicht vor, weil es immer noch keine
Planung für den ganzen Bereich gibt. Wegen der Zufahrt zum Parkhaus, in die Fußgängerzone, in die
Katharinenstr. und in die Johanniterstraße wird hier nur wenig Verkehrsberuhigung möglich sein.
Jedenfalls ist hier eine gravierende Verschlechterung für den Rad- und Fußverkehr angeblich
unvermeidlich laut Auskunft Stadtplanungsamt.
Auch am anderen Ende des Tunnels wird es für den Radverkehr zu einer Verschlechterung kommen.
Auch an dieser Stelle ist eine große Ampelkreuzung geplant, so dass jeder querende RadfahrerIn
erst an der Ampel "Grün" anfordern muss, um queren zu können. (Oder man benutzt die
Unterführung und muss sein Fahrrad die Schienen hoch- bzw. runterschieben.)
Leider ist für den Fußverkehr mit Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl keine Verbesserung geplant.
Fazit: Wie es auch immer genau kommen wird, es wird eine deutliche Verschlechterung für den
Radverkehr auf diesen beiden wichtigen Radverkehrsverbindungen geben.
ÖPNV: Durch den Bau des Weilertunnels wird die Haltestelle "Scharfes Eck" weiter an Bedeutung
verlieren, da die Busse durch den Weilertunnel fahren müssen und bestimmte Linien überhaupt nicht
mehr am Scharfen Eck halten können. Umstieg ist dann am ZOB, was die Fahrzeiten deutlich
verlängert - und damit manche NutzerInnen abspringen lässt, weil Fahrten dann einfach zu lange
werden.
Kfz-Verkehr: Mit dem Weilertunnel werden zwei riesige Ampelkreuzungen an jedem
Tunneleingang notwendig, damit der Querverkehr und viele Zu- und Ausfahrten möglich sind. Auch
jede zwischen Gottwollshäuser Steige und Weilertor auf der Fahrbahn querende Radfahrerin wird
den vierspurigen Tunnelverkehr stoppen. Eine Verlängerung der Fahrzeit sowie mehr Lärm und mehr
Abgase durch Bremsen und wieder Anfahren sind die Folge.
Fazit: Gerade auch für den Kfz-Verkehr wird es eine deutliche Verschlechterung fast ganztägig
geben durch mehr (Ampel-)Stopp und Go den ganzen Tag!
Ein Projekt Tunnelbau mit 100 Millionen Euro (zuständig Bund) und zusätzlichen Kosten im
2-stelligen (?) Millionenbereich für die Verkehrsführung und städtebauliche Sanierung der
Weiler-/Katharinen-Vorstadt (zuständig Stadt) benötigt eine umfassende Planung mit möglichen
Alternativen. Diese liegt bisher noch nicht vor. Niemand kann bisher Auskunft geben, wie dieses
Stadtviertel und die genaue Verkehrsführung nach Fertigstellung des Tunnels aussehen wird.
Erst planen, dann entscheiden und bauen!
Eine Mobilitätsplanung muss ganzheitlich für die komplette Weiler-/Katharinenvorstadt mit
Weilertunnel vor Baubeginn vorliegen. Die Verkehrsberuhigung der Katharinenvorstadt (z. B. durch
den zweispurigen Ausbau des Hirschgrabens) kann ohne den Bau des Weilertunnels sogar besser
erfolgen. (Dann könnte man den Fuß- und Radverkehr auch weiterhin auf dem kürzesten Weg und
bevorrechtigt hier weiterführen. Auch die Umsteigehaltestelle "Scharfes Eck" könnte erhalten
bleiben.) Deshalb ist aus unserer Sicht eine Alternativplanung ohne den Weilertunnel für das
Gesamtgebiet notwendig.
Nach Abschluss der Planungen können die Ergebnisse, wie seit einigen Jahren von der Stadt bei
anderen Projekten angeboten, öffentlich vorgestellt und diskutiert werden. Evt. ist für eine
Entscheidungsfindung am Ende der Diskussionen ein Bürgerentscheid sinnvoll.
Die Kosten für die vorgeschlagenen Planungsaufträge sind nicht im laufenden Haushalt enthalten?
Eine Möglichkeit ist, den Bau der geplanten Lindachbrücke zurückzustellen.
Fazit:
Über ein solches Großprojekt kann erst sinnvoll entschieden werden, wenn eine belastbare
Gesamtplanung mit und ohne Weilertunnel (für alle Verkehrsarten und die städtebaulichen
Maßnahmen) vorliegt mit genauer Kostenaufstellung für die beteiligen Partner.
Ziel muss ein zukunftsgerichtetes Mobilitätskonzept für ein ‚Schwäbisch Hall von morgen‘ sein
- statt eines veralteten Verkehrsprojekts des letzten Jahrtausends.
Jedenfalls wünschen wir uns deutliche Verbesserungen für den Radverkehr durch den Bau statt
der geplanten Verschlechterungen.